Pressemitteilungen Archiv 2020

Neues Frauen und Kinderschutzhaus öffnet

Erstellt von Kerstin Kempermann |

Diakonie betreibt die gemeinsame Einrichtung der Landkreise Ammerland und Wesermarsch

Ammerland/Wesermarsch, 30.6.2020 – Es sind alarmierende Zahlen: Jede dritte Frau wird Opfer körperlicher, sexueller und psychischer Gewalt. Dies ist das Ergebnis einer Studie der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) aus dem Jahr 2014. Schutz finden sollen betroffene Frauen und Kinder nun auch im neuen Frauen- und Kinderschutzhaus, das die Landkreise Ammerland und Wesermarsch gemeinsam geplant haben. Betrieben wird es von der Diakonie Oldenburg Land. Zwölf Frauen und bis zu 21 Kinder können dort ab Juli Platz finden. Ein Team aus 17 Mitarbeiterinnen wird die Frauen und Kinder 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche betreuen. Ab Freitag, 3. Juli, können schutzsuchende Frauen mit ihren Kindern unter der Telefonnummer 0441/21001-495 rund um die Uhr Kontakt aufnehmen.

 

„Häusliche und sexualisierte Gewalt ist ein Verstoß gegen die Menschenrechte. Frauenhäuser haben für den Schutz der Betroffenen eine große Bedeutung, denn sie sind die sichere Anlaufstelle für Frauen, denen in ihrem Zuhause oftmals sogar Lebensgefahr droht“, betont Diakonie-Vorstand Thomas Feld die Wichtigkeit dieses Tätigkeitsfeldes. Deshalb hat die Diakonie im Oldenburger Land den Betrieb für das Frauen- und Kinderschutzhaus sehr gerne übernommen und stellt 80.000 Euro als Risikoabdeckung für das erste Jahr bereit.  „Die Diakonie versteht sich als Anwalt für Menschen, die sonst keine Lobby haben“, betont Feld das Engagement in diesem Bereich. „

 

„Ich freue mich, dass sich nun mit dem Frauen- und Kinderschutzhaus der Landkreise Ammerland und Wesermarsch eine Lücke in der Region im Hilfeangebot bei Fällen von häuslicher Gewalt schließt. Das Land Niedersachsen fördert dieses Frauen- und Kinderschutzhaus gezielt, um in der Region Schutzplätze für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder zur Verfügung zu stellen“, sagt die niedersächsische Sozialministerin Dr. Carola Reimann in ihrem Grußwort zur Eröffnung des Frauenhauses. Und der Bedarf ist groß. Der Platz in den Frauenhäusern in der Umgebung reicht bei Weitem nicht aus. 2017 mussten Im Frauenhaus in Oldenburg 197 Frauen abgewiesen werden. Für den Landkreis Wesermarsch berichtet Gleichstellungsbeauftrage Ursula Bernhold, dass 2019 allein über die Beratungs- und Interventionsstelle (BISS) LaWeGa 10 Frauen, davon acht mit 14 kleinen Kindern (1 bis 7 Jahre), in Frauenhäuser der Region und anderer Bundesländer vermittelt wurden. Insgesamt hat die BISS im vergangenen Jahr 327 Fälle, davon 166 über die Polizei, aufgenommen. Für das Ammerland berichtet die Gleichstellungsbeauftragte Anja Kleinschmidt, dass 2018 110 Fälle häuslicher Gewalt bei der Polizei gemeldet wurden. 21 Frauen aus dem Bereich der Polizeidirektion Oldenburg Stadt/Ammerland wurden an ein Frauenhaus vermittelt. Diese Fallzahlen stellen nur einen Teil der Gesamtfälle dar (Hellfeld). Die Polizei geht von einer weit höheren Zahl von Delikten aus (Dunkelfeld). Zudem suchen Frauen eigenständig Zuflucht in Frauenhäusern.

 

Das neue Frauenhaus soll einigen der Betroffenen Zuflucht bieten. Beim Bau des Schutzhauses ist besonders auf die Barrierefreiheit geachtet worden. Denn allgemeine Zahlen zeigen fast doppelt so viele Frauen mit Behinderungen haben im Erwachsenenalter körperliche Gewalt erlebt als Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt. Von sexueller Gewalt sind sie etwa zwei- bis dreimal häufiger betroffen. Bei der Gestaltung des Hauses wurde außerdem Wert daraufgelegt, dass den Frauen und Kinder ein großes Maß an Privatheit geboten werden kann.

 

Frauenhäuser bieten nicht nur Schutz, sondern die Betreuerinnen beraten die Frauen und helfen ihnen neue Perspektiven zu entwickeln. „Gewalterfahrungen führen bei den Opfern oft zu einer gestörten Selbstwahrnehmung und einem Mangel an Selbstvertrauen. In Gesprächen wird versucht den Frauen und Kindern wieder zu einer gesunden Selbstwahrnehmung zu verhelfen sagt Katharina Kroll, Geschäftsführerin des Kreisdiakonischen Werkes Ammerland.

 

Auch die Situation der Kinder wird besonders in den Blick genommen. Bereits während des Zusammenlebens berichten viele Mütter, dass der Täter die eigenen Kinder gegen sie ausgespielt hat. Sie wünschen sich deshalb einen Kontaktabbruch. Von Seiten der Mitarbeiterinnen werden die Mütter über rechtliche Möglichkeiten des Sorge- und Besuchsrechts informiert. Andererseits muss auch dem möglichen Wunsch der Kinder nach der Fortführung des Kontaktes zum Vater Rechnung getragen werden. In diesem Fall ist die allparteiliche Haltung der Betreuerinne (Allparteilichkeit meint hier eine Haltung der Bereitschaft zur Parteilichkeit und Identifikation mit allen beteiligten Konfliktparteien. Dies stellt eine große Herausforderung an die Mitarbeiterinnen des Frauen- und Kinderschutzhauses. Jedoch lassen sich nur so das Wohl der Frauen und das Kindeswohl gleichermaßen sicherstellen) von besonderer Bedeutung. Frauen und Kinder müssen erfahren, dass die Mitarbeiterinnen ihre Situation und ihre Bedürfnisse vollumfänglich verstehen.

 

 

 

Hilfesuchende erreichen das Frauenhaus unter:

 

Telefon: 0441/21001-495

 

Mail: dwo.frauenhausdiakonie-ol.de

 

Internetseite: www.frauenhaus-diakonie.de

 

 

 

Förderung und Spende für das Frauenhaus

 

Unterstützung für die Startphase des Frauenhauses bekam dieses durch die Starthilfeförderung der Glücksspirale.

 

Bei der Ausstattung des neuen Frauenhauses wurde das Diakonische Werk durch IKEA unterstützt. Das Möbelhaus spendete Einrichtungsgegenstände im Wert von über 30.000 Euro. Aufgebaut wurden die Möbel durch den Möbeldienst der Diakonie.

 

 

 

Info zu Frauenhäusern:

 

Frauenhäuser sind keine wohltätigen Einrichtungen, sondern seit 2011 gesetzlich vorgeschrieben. In der sogenannten Istanbul-Konvention haben die Bundesrepublik und weitere Staaten vereinbart, dass Frauen vor Gewalt geschützt und häusliche Gewalt verfolgt werden muss. Für die Sicherheit der Frauen muss der Staat daher ausreichend Schutzunterkünfte zur Verfügung stellen, eine Familie (Frau mit Kindern) pro 10 000 Bewohner müsse unterkommen können. In der Realität müssen betroffene Frauen jedoch teils auf einen Platz warten, ein sofortiger Schutz ist nicht immer möglich. Ein Aufenthalt in einem Frauenhaus kann sich dann unterschiedlich ausdehnen - von wenigen Tagen bis zu mehreren Monaten, je nach Gefahrenlage

 

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