Geschichte der Diakonie im Oldenburger Land
Bürgerschaftliches Engagement seit 1842
Die soziale Hilfe der evangelischen Kirche ist auch im Oldenburger Land immer auf das besondere Engagement von Bürgern zurückzuführen. Neben dem Schutzverein für entlassene Sträflinge von 1842 betritt 1843 der Verein für Speisung und Pflege bedürftiger Kranker die historische Bühne. Der bürgerschaftliche Dienst am Menschen orientiert sich dabei an den sieben Werken der Barmherzigkeit. Hungrige speisen, Durstige tränken, Fremde beherbergen, Nackte kleiden, Kranke pflegen, Gefangene besuchen und Tote bestatten.
Bis zur Trennung von Kirche und Staat 1918 ergänzt das soziale Engagement der Bürger das Handeln der landesherrlichen Verwaltung. Nach dem Friedas Frieden Stift und Getrudenheim ist das Erziehungshaus „To Hus“ in Neerstedt bei Dötlingen die erste größere Einrichtung der Inneren Mission im Oldenburger Land. Sie hält 1911 großen räumlichen Abstand zur Strafanstalt in Vechta. Man fürchtet den schlechten Einfluss auf die Kinder und Jugendlichen, denen hier ein guter Weg gewiesen werden soll.
Der Gründung des Landesvereins für Innere Mission 1903 gehen seit 1892 Konferenzen voraus, die sich mit diakonischen Themen und Einrichtungen im Oldenburger Land beschäftigen. Es sind die sozialen Probleme der Zeit, die die Menschen beschäftigen. Es geht um sogenannte Arbeiterkolonien und Herbergen zur Heimat, die Wohnungslosen Obdach geben. Hollandgänger werden die Wanderarbeiter damals genannt, die während der Saison in der Fremde arbeiten gehen müssen. Es geht um die Fürsorge für Strafgefangene, um Krankenhäuser, Fürsorge für Arbeitslose, Flussschiffer und Seemannsmission. Diakonissen, die die Pflege kranker und alter Menschen in den verschiedenen Einrichtungen übernommen haben, verfügen im Elisabethstift seit 1889 über ein eigenes Mutterhaus.
Aus der sich ändernden Gesellschaft erwachsen der Diakonie neue Aufgaben. Und immer geht es darum, Spenden für die Arbeit zu sammeln. Liebesgaben wurden sie genannt und Sammeldosen standen in allen Kirchengemeinden. Daran wird sichtbar, dass der Dienst am Menschen neben den Gottesdiensten zentraler Bestandteil des kirchlichen Lebens im Oldenburger Land ist. Heute bietet die Diakonie zudem in jedem Kirchenkreis meist mehrere Anlaufstellen für Menschen, die Rat und Hilfe suchen.
Der Flüchtlingsstrom, der nach der Kapitulation 1945 einsetzt, verlangt gewaltige Anstrengungen. Nach dem Vorbild Eugen Gerstenmeiers, der 1945 das Evangelische Hilfswerk gründet, um den Flüchtlingen im Nachkriegsdeutschland beizustehen, engagiert sich in Oldenburg Herrmann Ehlers. Indem er ein Hilfswerk im Oldenburger Land etabliert, leistet er viel für die Integration der Vertriebenen.
1974 wird schließlich das Diakonische Werk der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg e.V. gegründet, um die Aktivitäten der Inneren Mission und des Hilfswerks zu vereinigen. Heute hat das Diakonische Werk drei Aufgabenfelder: Es ist diakonischer Landesverband und Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen. Es unterstützt zweitens Einrichtungen der Sozial- und Wohlfahrtspflege bei Verwaltungsaufgaben. Drittens betreibt das Werk im Oldenburger Land rund 70 eigene Einrichtungen von Kindertagesstätten über Möbeldienste und Kleiderkammern bis zu Einrichtungen für Behinderte, Senioren oder Kinder und Jugendliche sowie Fachkliniken für Abhängigkeitskranke. Zahlreiche Beratungsstellen für Wohnungslose, Suchtkranke, Migranten oder Schwangere finden sich unter seinem Dach. Auch die Straffälligenhilfe gehört noch heute zu den Aufgaben - wie schon am Anfang im Jahr 1842.